zurück   
  Die Beatles in Essen 1966
Beatles Bravo Blitz Tournee 1966
- am 25.Juni 1966 spielten die Beatles in Essen, Rolf Esser war dabei, hier sein Bericht

More:
In der Tat habe ich die Beatles anlässlich der Bravo-Beatles-Blitztournee vor fast genau 34 Jahren in der Essener Grugahalle gesehen. Ich war schon so etwas wie ein "Hardcore-Beatlesfan" und wäre nie auf die Idee gekommen, etwa in ein Stones-Konzert gehen zu wollen. Aber die Beatles waren einfach Pflichtprogramm und für die Karten musste man schon recht früh aufstehen, um sie zu bekommen.

Meine Eintrittskarte habe ich immer noch und hüte sie gut: 25.6.1966, Block T, Untere Nord-Tribüne. Der Preis von sage und schreibe 20 DM zzgl. Vorverkaufsgebühr war für damalige Verhältnisse schon schweineteuer, zumal ich noch Schüler war. Ich habe später in dem Buch "Four Ever - Die Geschichte der Beatles" von Peter Schuster (ISBN 3-7630-9049-5) ein Bild gefunden, auf dem ich irgendwo auf der Tribüne verewigt sein muss.

Die Beatles an sich haben mich weniger als Kultereignis interessiert. Für mich war immer die Musik das Maß der Dinge. Ich spielte zu der Zeit als Drummer in einer Schülerband und natürlich spielten wir auch - wie es damals üblich war - die Beatles-Hits nach. Man muss dazu wissen, dass es keinerlei Songbooks gab. Allenfalls die Texte wurden gelegentlich in Bravo abgedruckt oder man fand sie auf oder in den Plattenhüllen. Die Harmonien und Akkorde musste man sich selbst heraussuchen - für viele Beatles-Songs durchaus keine leichte Übung. Mitunter wurde die Sache sogar abenteuerlich. So hatten wir am Ort eine angesagte Band (The Substitutes), die Beatles-Songs bereits spielte, bevor sie auf Platte erschienen waren. Wie das? Nun - damals erhielt der populäre Sender Radio Luxemburg offenbar von der Record-Company kurz vor einer anstehenden Veröffentlichung Vorab-Tapes. Diese wurden vornehmlich mitten in der Nacht gesendet, gewissermaßen als Geheimtipp. Die Band bannte das Ereignis sofort auf Tonträger und konnte es in der Regel schon beim nächsten Auftritt am Wochenende zum Besten geben. Selbst Taxman schafften sie locker einschließlich Original-Solo.

Doch zurück zum Live-Ereignis. Ein wenig Kult musste doch sein. Zusammen mit einem Freund ging es schon weit vor Einlass im uniformen Outfit zur Grugahalle: Beatles-Stiefel, schwarze Hosen und graue Jacken mit Samtkragen trafen auf Beatles-Stiefel, schwarze Ho... Schon irgend wie beknackt - aus heutiger Sicht. Dann war endlich Einlass und damals wie heute drängten die Fans sich fast zu Tode, obwohl doch nun wirklich jeder eine Karte für einen Sitzplatz hatte, denn auch der Innenraum der Halle war bestuhlt. Die Halle selbst und zumal die Bühne wirkten schmucklos. Über wesentliche Showelemente wie etwa Beleuchtung hat sich zu der Zeit niemand Gedanken gemacht. Lediglich rings um den Bühnenrand waren Bodenfluter aufgestellt. Wie die Zeit bis zum Beginn der Show verging, weiß ich nicht mehr, aber ich erinnere mich, dass es irgendwie athmospärisch kisterte. Spannung und große Erwartung lagen in der Luft.

Dann ging es los. Zunächst der Auftritt von Vorgruppen: Die als "deutsche Beatles" bezeichnete Hamburger Band "The Rattles" und die britischen Formationen "Peter and Gordon" und "Cliff Benett and The Rebel Rousers". Aber eigentlich interessierten sie uns nicht sonderlich. Die Vorgruppen spielten jeweils 30 Minuten.

Während der Umbaupausen wurden über den Hallenlautsprecher "Hofberichte" vermeldet. Ungefähr waren sie von folgendem Kaliber: "Soeben wurde der Sonderzug der Beatles bei Siegen gesehen" oder "Paul soll im Speisewagen eine Wurst gegessen haben". Jedesmal brach in der Halle ein Tumult aus. Endlich machten sich die Bühnenhelfer an den alles entscheidenden Umbau. Da standen sie dann endlich, die sattsam bekannten Vox-Amps in ihren Chromgestellen, die drei Mikrofonstative am Bühnenrand und - ja, und dann wurde sie auf das Podest gestellt - Ringos Schießbude, Marke Ludwig, in dem bekannten melierten Design. Als die Bass-Drum mit dem Beatles-Logo aufgestellt wurde, hatte ich den Eindruck, die Halle würde gleich zusammenbrechen, so groß war der Jubel. Als aufstrebender Musiker habe ich den Aufbau der Beatles-Musikanlage genau beobachtet. Was uns damals so begehrenswert erschien, war aus heutiger Sicht wirklich eine jämmerliche Ausrüstung für die bekannteste Band der Welt. Die Gitarrenverstärker hatten gerade mal 100 Watt und die PA bestand aus zwei an den Bühnenecken aufgebauten Echolette-Boxen. So würde heute nicht mal mehr eine Dorfkapelle auftreten!

Und dann sind sie plötzlich da! Man hat es gar nicht so richtig mitbekommen! Sind sie es wirklich? Muss wohl! Denn ab jetzt versagen alle Pegelmesser. Nicht, weil die Beatles so laut spielen. Weil das Kreischen der Fans so infernalisch ist, dass man es nicht beschreiben kann. Eigentlich bin ich gekommen, um die Musik live zu erleben. Man kann nur ahnen, was die Vier spielen. Zwischen den Songs machen sie kurze Ansagen und Faxen (John deutet in Richtung rechter Tribühne einen Kniefall an: Kreeeeeiiiiiischhhhh!!!!!). Neben mir steht ein Mädchen, das sich gar nicht mehr einkriegt. Ich möchte es eigentlich erwürgen oder es doch höflich bitten, das Maul zu halten, aber es wird mich nicht hören. Wo sind wir denn eigentlich?

So mögen es denn 12 Songs gewesen sein, die da gespielt wurden. Mit zugehaltenen Ohren konnte man wenigstens den Stummfilm der Beatles-Choreografie genießen. George singt mit Paul, George singt mit John, tiefer Diener nach jedem Song: in der Tat, die Beatles (in einem ihrer letzten Konzerte). Aber sie hielten sich exakt an die Vorgaben der Vorgruppen. Nach 30 Minuten war der Spuk vorbei. Das muss man sich einmal klarmachen! D i e Supergruppe schlechthin spielte nur eine halbe Stunde! Würde dies eine heutige Supergruppe auch nur annähernd wagen, die Fans würden vermutlich den Saal zerlegen. Aber es demonstriert auch eindeutig den abgehobenen Status der Beatles. Sie hatten es nicht nötig, länger zu spielen. Wichtig war einzig ihr Erscheinen. Vermutlich hätten sie sich ohne Not auch einfach nur hinstellen können.

Fazit: Ich war dabei und habe sie gesehen. Seither habe ich viele andere große Gruppen live erlebt, z. T. mit sagenhaften Shows und atemberaubendem musikalischen Können. Aber mit dem Auftritt der Beatles ist nichts vergleichbar. Auch Paul McCartney habe ich erlebt in der Dortmunder Westfalenhalle. Ein tolles Konzert! Es hat mich tief befriedigt, dass er bewiesen hat, dass man als Beatle auch Sergeant Pepper live spielen kann. Ich denke, sie hätten dies auch zusammen geschafft, wenn...ja, wenn...

Rolf Esser - Sein WWW-Tipp: www.rockprojekt.de




Kommentare
0 Kommentare vorhanden