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  "Concert for George"
ein Bericht von "Lucy in the Sky"

Ich stehe im Kinofoyer und starre auf ein Plakat: „Concert for George!“ Es ist also doch kein Traum! Ich befinde mich tatsächlich im Kino zusammen mit meiner Mutter und warte sehnsüchtig darauf, dass die Tür zum Kinosaal geöffnet wird und ich mir den Konzertfilm vom Tributkonzert für George Harrison ansehen kann...

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Okay, vielleicht ist es besser, mich erst einmal vorzustellen: Ich heiße Anna, vielleicht besser bekannt als Lucy in the Sky. Hier auf den Erdbeerfeldern habe ich zwei Tickets für die Hamburger Preview von Concert for George gewonnen (übrigens, vielen Dank noch mal Frank!). Punkt.
Am 21. 10. 2003 gehe ich also mit meiner lieben Mami, die übrigens selber ein riesiger Beatles Fan ist, zu dieser Preview...

Unten im Foyer angekommen, ist alles sehr schön hergerichtet: Überall hängen die Plakate für das Concert for George, ein Buffet ist für einen „Umtrunk“ nach der Vorführung für die Presse bereitgestellt und neben dem Buffet ist alles sehr nach indischem Vorbild dekoriert: Es liegen bunte, riesige Sitzkissen auf dem Boden, und weiche kleine Sessel warten auf die Presseleute. Da meine Mutter und ich leider (hrmpf!!!) keinen VIP-Presseausweis haben, dürfen wir uns nur von außen an dem prächtigen, noch halb verdeckten Buffet ergötzen... Ungeduldig stehen wir im Foyer, eine Handvoll Menschen mit, und nur einzelne Leute ohne Presseausweis, um uns herum, und wir warten aufgeregt darauf, dass endlich die Türen zu dem Kinosaal geöffnet werden! Plötzlich erregt ein Mann, der an uns vorbeischreitet, meine Aufmerksamkeit...das ist doch nicht...oder doch? Das Gesicht kenne ich doch! Ja, klar, das ist Frank! Ich flüstere meiner Mutter ins Ohr, dass dies der Mann ist, dem wir unsere Karten zu verdanken haben, der „Chef“ der Erdbeerfelder... (hihi)

Naja, bevor ich die Chance habe, noch länger darüber nachzudenken ob ich ihn nun anspreche oder nicht, ertönt ein Aufruf, die Türen zum Kinosaal seien offen und die Zuschauer könnten sich langsam auf ihre Plätze begeben...Da wir keine festgelegten Sitzplätze haben, setzen meine Mutter und ich uns möglichst weit hinten möglichst in der Mitte der Reihe hin und merken: Wie werden eine super Sicht haben...

Nach einer kleinen Einleitung eines Kinomitarbeiters zum Thema des Filmes, wird das Licht langsam gedimmt und meine Herzschläge werden von Sekunde zu Sekunde schneller! Der Vorhang öffnet sich und der Film beginnt:
Ich werde mich nicht genau an den Anfang erinnern, das erste, was ich im Gedächtnis haben werde, ist dass die Überschrift „Concert for George“ auf der Leinwand erscheint und ein kollektives Schmunzeln durch die Reihen geht...als deutscher Untertitel steht dort: „Konzert für George“...
Nach dem lockeren Anfang geht es los, ich bebe vor Aufregung, denn auf der Leinwand erscheint das Datum des Jahrestages von George’s Tod. Eine indische Musik ertönt und man sieht die leicht verdunkelte Bühne der riesigen Royal Albert Hall. Auf dieser Bühne steht ein Gebilde, von dem ich nicht ganz sagen kann, was es ist; es hält einige Kerzen und Räucherstäbchen. Eine Frau betritt eine Bühne und das Publikum der Royal Albert Hall jubelt und applaudiert. Mein Herz macht einen Sprung: es ist Olivia Harrison. Ich flüstere schnell meiner Mutter ins Ohr zu, wer das ist, denn über das private post-beatles-Leben der vier weiß sie herzlich wenig...
Olivia zündet die Kerzen an und verlässt die Bühne.

Dann beginnt das Konzert, auf dem George’s Lieder gespielt werden! Auf der nun hell erleuchteten Bühne mache ich Eric Clapton, Klaus Voorman, Billy Preston, und: (ich springe fast vom Sitz!) Dhani Harrison aus! Meine Mutter nimmt meine Hand und drückt sie ganz fest. Ich hatte ihr zwar früher des Öfteren davon erzählt, dass Dhani so aussieht wie sein Vater, aber eine so riesige Ähnlichkeit hat sich wohl nicht erwartet...
Komischerweise erinnere werde ich mich später an die Reihenfolge der Lieder nicht erinnern, Jedoch werde ich wissen, dass den Auftakt Eric Clapton und Jeff Lynne mit „I want to tell you“ bilden... Ich spüre nur, wie sich im Inneren meines Bauches kleine Schmetterlinge ansammeln, sobald ich die ersten Takte des Liedes von George höre...

Mehrere Lieder werden von der Combo gespielt, danach folgen Tom Petty and the Heartbreakers mit Taxman. Ich bin berauscht, im Hinterkopf wuseln bei mir aber trotzdem die Namen „Ringo“ und „Paul“ herum und ich warte nebenher auch noch auf ihren Auftritt. Endlich wird Ringo Starr angekündigt, das Publikum fängt an zu toben und die Schmetterlinge in meinem Inneren mutieren zu Jumbo-Jets! Ringo betritt lächelnd die Bühne und begrüßt alle sehr herzlich, macht Faxen. Das ist der alte Ringo, den Dhani in einem miteingeschnittenen Kommentar liebevoll „Uncle Ringo“ nennt!
Er singt zunächst 2 Lieder: Zuerst „Honey don’t“, das George sehr mochte, danach Photograph, das mir das erstemal an diesem Abend Tränen in die Augen treibt! Während ich noch mit meinen Tränen kämpfe, schiele ich kurz zur Seite: meine Mutter weint sich die Seele aus dem Leib! Still, aber sie weint. Das berührt mich noch mehr!

Es folgen zwei kleine Sketche von und mit Monty Python, den George unter anderem auch unterstützt hat. Auch Tom Hanks spielt in einem mit! Ich finde diese Idee sehr witzig und lache mich halb vom Sitz, als die singenden Kellner sich umdrehen und ihre nackten Hintern präsentieren und die Holzfällerbande singt: „I’m a Lumberjack and I’m okay.“ Zugegeben, zuerst empfinde ich es als etwas seltsam am Todestag von George etwas derart Komisches vorzuführen, doch je mehr ich darüber nachdenke, während die Holzfäller singen, desto mehr bin ich der Meinung, dass dies das einzig Richtige ist, was man machen kann, um mit einem Konzert das Leben von George Harrison zu ehren, nicht seinen Tod! Und dazu muss man alles, was zu seinem Leben dazugehört hat, mit einbringen, so auch seinem Humor, den Monty darstellt. Und während ich also meinen philosophischen Gedanken nachhänge, drückt meine Mutter ganz fest meine Hand...ich sehe wieder aufmerksam auf die Leinwand: die Holzfäller haben sich umgedreht und salutieren George...also dem großen George-Plakat oberhalb des hinteren Teils der Bühne! Ich bin überrascht! Und beeindruckt!
Einer der großen Höhepunkte des Konzertes ist da und ich spüre es! Diese Vorfreude! Und ich habe Recht: Ringo kündigt Paul McCartney an. Dieser betritt die Bühne und die beiden Freunde umarmen sich herzlich. Ab dem Zeitpunkt halten es weder ich noch meine Mutter aus! Wir beide zittern wie Espenlaub und unsere Tränen drohen wieder zum Vorschein zu kommen...
Paul spielt zusammen mit Ringo, Dhani, Eric Clapton und Klaus Voorman „For You Blue“ und ich bemerke leider zu spät dass mir noch nie aufgefallen ist, wie schön dieses Lied doch ist!
Paul trägt es unglaublich schön vor und ich spüre noch nicht einmal den Schmerz in meiner rechten Hand, in die sich die Finger meiner Mutter vor lauter Aufregung gekrallt haben!

Danach holt Paul eine Ukulele hervor und ich ahne sofort, was er vorhat - schließlich bin ich auf seinem Konzert gewesen!
Und Paul spricht dieselben Worte ins Mikrofon, die ich so oft auf den Konzertmitschnitten gehört habe: „When you visited George and you have had something to eat, you sat around a bit...and the ukulele would come out! George was pretty good on the uke...!“
Alle wissen Bescheid und Mutter lässt einen leisen Schluchzer vernehmen, sobald Paul mit den ersten Tönen von „Something“ loslegt...Und ich kann mich auch kaum beherrschen! Zuerst singt Paul die erste Strophe allein...langsam fällt Ringo leise und kaum vernehmbar mit dem Schlagzeug ein, schließlich fangen alle anderen auch nach und nach an zu spielen und das etwas beschleunigte Something verwandelt sich unmerklich in das Original und Eric übernimmt den Gesangspart...Es ist zum heulen schön! Im wahrsten Sinne des Wortes!


Nachdem ich mich ein wenig eingekriegt habe, geht es auch schon weiter...
Ravi Shankar hat eigens ein indisches Stück für diese Gelegenheit komponiert, ein Lied nur für und über George...auf der Bühne befindet sich ein Orchester mit traditionell indischen Instrumenten und ein Chor, Anushka Shankar gibt die Dirigentin. Und obwohl ich eigentlich nicht sehr für traditionell indische Musik oder Sitarspiel zu erwärmen bin, merke ich während diesem Abschnitt des Konzertes, wie bewegt ich doch von dem Stück bin...

Es tritt einmal eine mir unbekannte Gruppe mit einer Leadsängerin namens Sam Browne auf, die mich nicht sonderlich vom Kinosessel haut, um es mal ehrlich zu sagen, aber in irgendeiner Weise muss sie mit George in einer Verbindung gestanden haben,
genauso wie die Traveling Wilburys, die auch einmal spielen. Ich explodiere innerlich bei „here comes the sun“ Und :Kaum zu glauben aber wahr, ich höre zum ersten mal „All The Things Muss Pass“ and diesem Abend! Und ich bekomme eine Gänsehaut, die eine Gans vor Neid erblassen ließe...!
Zwischendurch werden immer mal wieder „making of“-Szenen gezeigt, wie die Gruppen z.B. Proben, es wird viel berichtet, es kommentieren unter anderem Ringo, Dhani, Eric und letztendlich Olivia, die sich doch bisher zurückgehalten hat...
Bei einer dieser making of Szenen trägt Dhani einen violetten Pullover, auf dem der Schriftzug „Stamp out the Beatles“ steht, worüber ich unglaublich schmunzeln muss...Vor allem weil ich später erfahren werde, dass dieser Pullover George gehört hat...






Ich merke kaum, wie die Zeit vergeht, und genieße jede Sekunde des Films, da spüre ich schon wieder diese Vorfreude und dieses unglaubliche Rumoren in der Magengegend...
Nicht ohne Grund:
Bei den ersten Takten von „While My Guitar Gently Weeps“ zeigt sich bei mir wieder, wie nah ich doch am Wasser gebaut bin...

Als dann in der Mitte des Songs das unglaubliche und bewegende Gitarrensolo von Clapton folgt, der sich fast die Seele aus dem Leib spielt, die Gitarre sprichwörtlich zum Weinen bringt und damit, wie er in einem Kommentar sagt, auf seine Weise für „my sweet George“ trauert, schießt mir schon zum hundertsten Mal an diesem Abend durch den Kopf, wie groß George doch gewesen ist und wie sehr wir ihn alle vermissen werden! Und: George kann „da oben“ wirklich glücklich sein, was seine Freunde, vor allem Eric Clapton für ein Engagement gezeigt haben, um so etwas Wundervolles auf die Beine zu stellen und ihn somit auf eine ganz besondere Art und Weise zu ehren!


Das Konzert nähert sich seinem Ende, als noch mal alle gemeinsam auf die Bühne kommen, inklusive Paul am Klavier und Ringo am Schlagzeug, als Billy Preston seine sehr schöne Version von „My Sweet Lord“ zum Besten gibt... Spätestens da bin ich so von Schluchzern geschüttelt, dass ich kaum noch denken kann...Von meiner Mutter gar nicht zu reden...

Schließlich und viel zu früh ist das Konzert vorbei, ein roter Konfettiregen, der ein wenig an Rosenblätter erinnert, fällt in der gesamten Royal Albert Hall auf Zuschauer und Musiker herab, während sich Dhani herzlich bei allen bedankt...

Der Bildschirm ist schwarz, ich kann es kaum fassen, dass es schon zu Ende sein soll, da hört man plötzlich George’s Stimme, wie aus dem Nichts, oder aus dem Jenseits, sagen, wie gerne er doch ein Konzert veranstaltet hätte, mit allen seinen Freunden, nur so zum Spaß, es wäre doch so schön gewesen...

Die Lichter im Kinosaal gehen an und ich erhebe mich mühsam von meinem Sitz. Mit leicht verweinten Augen aber dem seligsten Lächeln trete ich aus dem Saal und höre die Stimme meiner Mutter fragen: „Ab wann gibt es die DVD noch mal zu kaufen...?“












Kommentare
1 Kommentar vorhanden

#1 by Manoman
Lucy schrieb:"Es tritt einmal eine mir unbekannte Gruppe mit einer Leadsängerin namens Sam Browne auf, die mich nicht sonderlich vom Kinosessel haut, um es mal ehrlich zu sagen, aber in irgendeiner Weise muss sie mit George in einer Verbindung gestanden haben".

Logisch Joe Brown(spielt einige Songs u.a das eben erwähnte "Here Comes The Sun";) ist ihr Vater und Vicky Brown ihre Mutter (sie starb 1991)
Vicky Brown war auf dem Album von 1970"All Things Must Pass" und auf Songs wie "Shanghai Surprise" vertreten.