(AB) Nachdem John Lennon und Yoko Ono über eine Zeit von ungefähr fünf Jahren eine Einheit bildeten und nicht von der Seite des jeweils anderen wichen, trennten sie sich im Oktober 1973. Yoko Ono bestimmte May Pang, die chinesisch-amerikanische persönliche Asssistentin der Lennons, um sich in der Zeit der Trennung um den Ex-Beatle zu kümmern. John Lennon verlegte seinen Wohnort an die Westküste der USA und lebte in einer Liebesbeziehung mit May Pang. In Los Angeles ging es bald hoch her. Alkohol floss in Strömen und auch andere Drogen waren ständig verfügbar. Zu John Lennons trinkfesten Freunden während dieser als „Verlorenes Wochenende“ bezeichneten 18 Monate zählten der ehemalige Bandkollege Ringo Starr, aber vor allem der Sänger Harry Nilsson („Without You“, „Everybody’s Talkin'“) und The Who-Schlagzeuger Keith Moon. Unter chaotischsten Umständen entstand hierbei das von Produzentenlegende Phil Spector abgemischte Album „Rock’n’Roll“.
Nun ist ein an Phil Spector gerichteter Brief Lennons für umgerechnet 64.000 Euro versteigert worden. In einer für ihn typischen fahrigen Handschrift beschwert sich Lennon, für an einem Mischpult entstandene Schäden zur Rechenschaft gezogen zu werden. In dem mit der Überschrift „Eine Piss-Angelegenheit“ versehenen Brief schreibt Lennon mit rotem Filzstift: „Phil, (…) solltest du nicht selbst wissen, dass es Harry und Keith waren, die auf die Konsole gepisst haben? Jerry will uns (aus dem Studio) rausschmeißen, zumindest teilt uns das Capitol (Records) so mit. Sag ihm, dass der Schaden – wenn es einen gegeben hat – Capitol in Rechnung gestellt wird. Man kann von mir nicht erwarten, dass ich mich um erwachsene Rockstars kümmere. Auch May nicht, abgesehen davon arbeitet sie für mich und nicht für A&M! Wegen dieses Scheißdrecks haue ich jetzt ab zur Record Plant!“
Lennon vertrat seinen Standpunkt in einer drastischen Sprache. Obwohl er selbst in dieser Zeit alles andere als ein Klosterschüler war, wechselte er das Studio, so dass der Rest des Albums im Record Plant-Studio aufgenommen wurde.
Ein kritischer Zwischenruf erfolgte von May Pang höchstpersönlich, die die Echtheit des Briefes anzweifelt. Pang erklärte, dass weder Nilsson noch Moon während der Aufnahmen zu „Rock’n’Roll“ zugegen waren und dass mit Spector nie schriftlich, sondern in ähnlich gelagerten Fällen telefonisch kommuniziert wurde. Darüber hinaus könne sie sich nicht erklären, warum John Lennon dieses an Spector gerichtete Dokument schließlich dem für ihn tätigen Studiogitarristen Jesse Ed Davis (1944-1988) hätte überlassen sollen. Aus Davis‘ Nachlass soll der Brief stammen.
In jedem Fall wechselte dieses interessante Schriftstück nun erneut den Besitzer. Der ursprünglich erwartete Betrag von etwa 5.000 bis 7.000 Euro wurde um ein Vielfaches übertroffen.
→ Meldung auf der Webseite des „Express“
→ May Pangs Stellungnahme